Emotionen – Funktional versus Dysfunktional

Sicherheit – Die Blanko-Ressource

Sicherheit ermöglicht erst Entspannung. Unser Gehirn und gesamter Körper gewichtet das Bedürfnis nach Sicherheit extrem hoch. Sobald unser Gehirn eine Gefahr auch nur erahnt, schaltet sich das Stressnetzwerk im Gehirn ein. Emotionen wie Angst und Ekel wirken hier entsprechend als Bewältigungsressourcen (d. h. zur Abwehr oder Vermeidung von möglichem Schaden). Die wahrgenommenen Reize werden über unbewusste emotionale Leitungen schneller in unser Alarmzentrum (Amygdala) transportiert (weniger als 500 Millisekunden), als wir bewusst kognitiv darüber reflektieren können (ab 500 Millisekunden). Aus diesem Grunde ist die schnelle emotionale Reizverarbeitung gröber und fehleranfälliger als die bewusst kognitive und löst manchmal „Fehlalarm aus“ (z. B. wenn wir uns Nachts vor einer Jacke auf einem Stuhl erschrecken, weil wir sie kurzzeitig für eine andere Person halten). Die Reaktion in unserem Gehirn hat eine höhere Stellung als die Reflexion. Dies ist für unser Überleben sehr bedeutsam. 

Die elementare Aufgabe unseres Gehirns ist, dafür zu sorgen, dass wir überleben. Daher hat die Vermeidung von Gefahren höchste Priorität. Folglich ist der universale psychologische Trigger von Sicherheit die Abwesenheit von Gefahr. Nur wenn dies gewährleistet ist, kann unser Entspannungsnetzwerk (Parasympathikus) aktiv werden.

Das macht Sicherheit zur Blanko-Ressource für Heilung. Dies stellt zugleich die Funktion von Sicherheit dar. Ohne Sicherheit geht gar nichts. 

Das Bedürfnis, dass du durch Sicherheit erfüllst, ist Sicherheit selbst. Hier zeigt sich, wie elementar Sicherheit ist. Ohne Sicherheit fällt es dir schwer, Bedürfnisse in anderen Bereichen zu erfüllen, wie gesunde Beziehungen zu führen, Neues zu erkunden, dich zu entspannen oder dein Selbst zu entwickeln. 


Weitere nützliche Unterscheidungsform für Emotionen

Ressourcen-Impact-Matrix für Sicherheit

Physiologisch / neuronal

  • Aktiviert im „alarmierten“ Zustand das neuronale Belohnungsnetzwerk, z.B. den Nucleus accumbens (Leknes et al., 2011).
  • Ist die grundlegende Voraussetzung für eine hohe Herzratenvariabilität (HRV) (Duarte & Pinto-Gouveia, 2017).
  • Fördert die Herzgesundheit (Roest et al., 2010). 

Emotional

  • Stellt die essenzielle Basis für Lebenszufriedenheit dar (Møller, 2005).
  • Reduzierte unmittelbar Gefühle von Angst (Meyer et al., 2019).
  • Schützt vor Depressionen sowie Stress und ist gleichzeitig die allgemeine Grundlage für das Erleben emotionaler Ressourcen (Gilbert et al., 2008). 

Kognitiv  

  • Ist die Basis für Kreativität und Lernen (Sanner & Bunderson, 2015). 
  • Da Angst die Wahrnehmung verengt, ist das Gefühl von Sicherheit die Grundlage für offene Sinne (Finucane, 2011). 

Sozial / behavioral

  • Ist die Grundlage für eine solide Coach-Klienten-Allianz (Geller & Porges, 2014).
  • Stellt die Basis für exploratives Verhalten dar (Maner et al., 2007). 

Definition & Kurzübersicht für Sicherheit

Trigger

Abwesenheit von Gefahr

Funktion

Heilung

Bedürfnis

Sicherheit

Sicherheit stärken

Sicherheit kultivierst du optimal in dem du a) deine emotionale Denkgenauigkeit stärkst (d. h. Klarheit über Trigger, Funktion, Bedürfnis; siehe oben) sowie b) deine emotionale Empfindungsgenauigkeit trainierst (d. h. du erlebst und fühlst Sicherheit regelmäßig). Nachfolgend drei anwendbare Tipps, um sofort mehr Sicherheit zu fühlen:

  • Nimm eine bequeme Sitzposition ein und schließe deine Augen. Stelle dir innerlich die Frage: „In welchem Moment habe ich mich sicher gefühlt?“. Nimm alle Gedanken und Empfindungen, die als Antwort hochkommen, bewertungsfrei wahr. Verbinde dich jetzt für ca. 15 Sekunden bewusst mit dem Gefühl der Sicherheit in deinem Körper (d .h. mit dem Ort in deinem Körper, der dich am stärksten die Sicherheit spüren lässt). Mache dies ein- bis zweimal täglich. 
  • Etabliere in deiner Vorstellung einen sicheren Ort oder Kraft-Ort. Dies kann ein realer oder imaginärer Ort sein, an dem du regelmäßig in deinen Vorstellungen gehen kannst. Dies ist ein Ort, an dem du dich sicher und geschützt fühlst, ohne die Anwesenheit anderer Personen. Wie würde dein individueller Ort aussehen? Was würdest du dort machen? Welche Gerüche nimmst du möglicherweise wahr? Was hörst du? Was schmeckst du? Wie fühlt es sich dort an? Wie ist die Temperatur?
  • Nutze gezielt Sicherheitssignale, die du in deiner Vorstellung oder real aktivieren kannst: „Welche Menschen, Orte, Dinge oder Aktivitäten vermitteln dir ein Gefühl von Sicherheit? Wie kannst du dieses Sicherheitssignal jetzt bzw. regelmäßig aktivieren?“
Weitere nützliche Unterscheidungsform für Emotionen

Kognitive Flexibilität durch Sicherheit – Komplementär mit Ehrfurcht

Die kognitive Flexibilität beschreibt unsere Fähigkeit, unser Verhalten und Gedanken an neue, sich verändernde oder unerwartete Ereignisse anzupassen. Es stellt die Begabung unseres Gehirns dar, flexible Handlungsstrategien zu nutzen, um vorher unbekannte Lösungswege zu finden, wenn Problemsituationen auftreten (Scott, 1962). 

Drei Punkte sind hier entscheidend:

  1. Wachsamkeit: Um so aufmerksamer du durch die Welt gehst, desto besser und schneller verarbeitest du multiple Reize. Vor allem die Nicht-Bewertung scheint eine wichtige Rolle bei der Achtsamkeit zu spielen (Zou, Li, Hofmann, & Liu, 2020). Um so schneller du neue Informationen akzeptierst, desto schneller kannst du dein Denken und Handeln anpassen. 
  2. Anpassungsfähigkeit: Entscheidend ist hier das willentliche Umschalten, um deine Fähigkeiten auf die neue Situation anzupassen. Neue Lösungswege mit Leichtigkeit zu identifizieren, steht hierbei im Mittelpunkt. Die Emotionen Freude sowie Interesse stärken durch ihre Dopaminwirkung diesen Aspekt. Dopamin steht unmittelbar mit deinen Lernprozessen und der Suche nach Neuem in Zusammenhang (Gruber et al., 2014). 
  3. Sicherheit: Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für Veränderung. Hier geht es vor allem um die innere Sicherheit, äußere Reize kontrollieren und verändern zu können. Bewerten wir eine Situation als unvorhersehbar, steigt der Stresspegel an, in einer Studie sogar um 68 Prozent (Coates & Herbert, 2008). Außerdem werden die Belohnungsnetzwerke im Gehirn gehemmt und das Alarmzentrum, in Verbindung mit unbewussten Handlungsprogrammen für Angst, im Gehirn aktiviert. Eine Vielzahl an Studien hat gezeigt, die Kombination aus Angst und einem erhöhten Cortisolspiegel (Stresshormon) führt dazu, dass wir konservativer entscheiden und weniger Risiken eingehen (Gambetti & Giusberti, 2012; Kandasamy et al., 2014). 

Im Wesentlichen geht es bei der kognitiven Flexibilität darum, aus einem Gefühl der inneren Sicherheit heraus das Neue zu umarmen. Die innere Sicherheit wird durch die emotionale Super-Ressource Sicherheit gestärkt, während Ehrfurcht durch die Öffnung der Sinne die Anpassungsfähigkeit steigert. Hierdurch öffnest du dich Neuem und stärkst deine Lernfähigkeit. 

Quelle: Mesource